Erstes Childhood-Haus in Rheinland-Pfalz entsteht in Landau: Kinderschutz und Kinderrechte unter einem Dach

Der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V. erweitert sein Kompetenzgebiet und richtet das erste Childhood-Haus in Rheinland-Pfalz ein. Das Modell reduziert Mehrfachbefragungen, schützt vor Retraumatisierung und ermöglicht schnelle medizinische und psychologische Hilfe sowie juristische Klärung aus einer Hand. In dem Schutzhaus werden Jugendhilfe, Justiz, Medizin, Polizei, Kommunen und der Kinderschutzdienst künftig eng verzahnt zusammenarbeiten – zum Wohl betroffener Kinder und Jugendlicher.

Mit dem Childhood-Haus Landau in Trägerschaft des Kinderschutzbundes Landau-SÜW e.V. entsteht derzeit ein weiterer Schutzraum für Kinder und Jugendliche in der Südpfalz, die körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt oder miterlebt haben. Im Mittelpunkt steht eine kindgerechte, geschützte Begleitung – unabhängig davon, ob ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet wird. Alle relevanten Fachdisziplinen arbeiten im Childhood-Haus an einem Ort zusammen. Eine feste Fachkraft begleitet Kinder und Angehörige durch den gesamten Prozess und koordiniert die nächsten Schritte. In enger Abstimmung mit dem Kinderschutzdienst des Kinderschutzbundes Landau-SÜW kann zudem zeitnah psychologische Unterstützung vermittelt werden, um Belastungen möglichst gering zu halten.

Das Childhood-Haus Landau ist das Erste in Rheinland-Pfalz, das Erste in Trägerschaft eines Kinderschutzbundes und das Erste, das fachlich direkt an einen Kinderschutzdienst angebunden ist.

Multiprofessionelle Zusammenarbeit im Childhood-Haus

Childhood-Häuser nach skandinavischem Barnahus-Modell bieten Kindern und Jugendlichen, die Gewalt erlebt haben, einen sicheren Ort, an dem ihr Wohl im Zentrum steht. Untersuchungen, Gespräche und notwendige Befragungen werden so koordiniert, dass zusätzliche Belastungen vermieden werden. Die Häuser begleiten Betroffene und ihre Familien durch den Clearing-Prozess, bündeln die notwendigen Fachdisziplinen an einem Standort und klären gemeinsam, welche Unterstützung jetzt gebraucht wird. Bei Bedarf ist eine psychosoziale Begleitung durch den Kinderschutzdienst in Rheinland-Pfalz möglich.

Im Childhood-Haus arbeiten unter anderem die Professionen Justiz,

Kriminalpolizei, Medizin und Forensik, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Jugendhilfe und Kinderschutzdienste sowie Psychosoziale Fachkräfte. Eine koordinierende Fachkraft empfängt die Kinder und Familien, erklärt kindgerecht den Ablauf, begleitet durch die Besuche und stimmt die notwendigen Schritte mit allen Beteiligten ab. So wird sichergestellt, dass Kinder das Erlebte nicht mehrfach erzählen müssen und sich in einem geschützten, würdevollen Rahmen bewegen können.

„Kinder und Jugendliche, die von Gewalt betroffen sind, brauchen eine gehörige Portion Mut, sich außenstehenden Menschen anzuvertrauen, um Hilfe zu erhalten. Mit den UN-Kinderrechtskonventionen und den Barnahus-Standards als Fundament des Childhood-Hauses begegnen wir den Betroffenen auf Augenhöhe. Wir bieten einen Schutzraum, in dem eine altersangemessene, partizipative und interdisziplinäre Hilfe umgesetzt wird“, so Kyra Pachner, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Landau–SÜW e.V..

Das Childhood-Haus Landau Schritt für Schritt auf dem Weg

Im Herbst 2023 hat sich der seit 45 Jahren in der Kinder- und Jugendhilfe tätige Verein auf den Weg gemacht, ein Childhood-Haus in Trägerschaft zu nehmen. Zunächst wurde der Kontakt mit der World Childhood Foundation Deutschland hergestellt, die seither das Projekt engagiert unterstützt.

In Landau ist die Idee des Childhood-Hauses auf besonders fruchtbaren Boden gestoßen, wie die bisherigen Entwicklungen und das hohe Engagement aller Beteiligten deutlich zeigen. Die Integration des Konzeptes in die rheinland-pfälzischen Strukturen mit der Besonderheit der Kinderschutzdienste und die gemeinsame Entwicklung mit dem Kinderschutzbund als erfahrenem Träger im Bereich der Jugendhilfe ist eine Bereicherung und Weiterentwicklung für das gesamte Childhood-Haus-Netzwerk in Deutschland,“ erklärt Dr. Astrid Helling-Bakki von der World Childhood Foundation.

Es folgte eine Begehung des Childhood-Hauses in Heidelberg mit dem Kinderschutzbund-Team für ein gemeinsames internes Commitment zum Projekt und der strategischen Ausrichtung.

Seither knüpften zahlreiche Gespräche, Arbeitstreffen und Planungen mit allen beteiligten Disziplinen und Akteur:innen an. Da interdisziplinäres Arbeiten im Gerichtsbezirk seit Jahren Standard ist, gab es seitens der beteiligenden Kooperationspartner:innen großes Interesse, Bereitschaft sowie Unterstützung:

Dietmar Seefeldt, Landrat des Landkreises Südliche Weinstraße, sagt: „Für die Initiative zur Einrichtung eines Childhood-Hauses in Landau bin ich dem Kinderschutzbund Landau-SÜW dankbar. Die Einrichtung setzt einen Meilenstein, da künftig eine vorrangig auf das Kindeswohl ausgerichtete Begleitung von kindlichen oder jugendlichen Gewaltopfern möglich wird. Die

Kooperation verschiedener Stellen unter einem Dach verkürzt die Bearbeitungs- und Abstimmungswege, was bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen ebenfalls entscheidende Vorteile bringen kann. Das Jugendamt des Landkreises SÜW hat die Einrichtung eines Childhood-Hauses in Landau bereits mit der Projektidee des Kinderschutzbundes als sehr hilfreiche Institution eingestuft und auch in der fachlich-inhaltlichen Abklärung die Vorteile dieses Projekts betont. Außerdem hat der Jugendhilfe-Ausschuss unseres Landkreises in einem einstimmig getroffenen Grundsatzbeschluss bereits ein klares positives Signal für ein Childhood-Haus in Landau gesetzt.“

Mit dem Childhood-Haus entsteht in Landau ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche nach Gewalterfahrungen umfassend und gebündelt unterstützt werden – geschützt, kindgerecht und ohne zusätzliche Belastungen“, sagt Landaus Beigeordnete Lena Dürphold. „Für uns als Stadt ist dieses Projekt ein wesentlicher Schritt, bestehende Hilfen zu vernetzen und den Kinderschutz weiter zu stärken. Ich bin dankbar für das enorme Engagement aller Beteiligten und stolz, dass wir gemeinsam einen Raum schaffen, der jungen Menschen Sicherheit, Würde und neue Zuversicht gibt.“

Wir bedanken uns für den Einsatz des Kinderschutzbundes Landau, der die Initiative zu diesem vorbildlichen Projekt ergriffen hat, und freuen uns über die Möglichkeit daran mitwirken zu dürfen. Dies ist ein großer Schritt bei unser aller Bemühen, mit Kindern und Jugendlichen, die von Gewalt betroffen sind, auch im Strafverfahren möglichst schonend umzugehen“, betonen Anja Schraut, Präsidentin des Landgerichts Landau in der Pfalz, Michaela Winstel, Direktorin des Amtsgerichts Landau in der Pfalz und Angelika Möhlig, Leitende Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Landau in der Pfalz gemeinsam.

Auch der Behördenleiter des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, Polizeipräsident Andreas Sarter, ist von den Plänen überzeugt: „Das Childhood-Haus Landau ist ein wegweisendes Projekt, welches Kinder und Jugendliche in besonders verletzlichen Situationen schützt. Die enge Zusammenarbeit aller beteiligten Fachrichtungen stärkt nicht nur die Ermittlungsarbeit, sondern vor allem das Vertrauen der Kinder. Wir als Polizei begrüßen dieses Projekt ausdrücklich und sind stolz, Teil dieses wichtigen Netzwerks zu sein.

„Die Gefährdung des Kindeswohls – in welcher Form auch immer – betrifft alle gesellschaftlichen Schichten, und die Dunkelziffer ist hoch. In unserer Kinderklinik werden uns betroffene Kinder häufig vom Jugendamt bei entsprechendem Verdachtsfall vorgestellt. Ebenso kommt es vor, dass im Rahmen einer stationären Aufnahme oder einer ambulanten Vorstellung ein dringender Verdacht auf Kindeswohlgefährdung entsteht. Bisher jedoch war der darauffolgende Prozess – bestehend aus Befragungen, Betreuung und medizinischer Untersuchung – räumlich getrennt und musste an verschiedenen Orten stattfinden. Für die betroffenen, ohnehin bereits traumatisierten Kinder, bedeutet dies eine zusätzliche Belastung. Umso mehr freuen wir uns, dass mit dem Childhood-Haus nun ein Ort geschaffen wird, an dem all diese Schritte

gebündelt werden können. Gespräche, Befragungen und medizinische Untersuchungen durch uns Kinderärzt:innen können dort in einem geschützten Rahmen – einem echten Safe Place – erfolgen. Damit erhalten die Schutzbedürftigen endlich die Umgebung, die sie in dieser sensiblen Situation dringend benötigen“, gibt Dr. med. Skara Wenner, leitende Oberärztin der Kinderklinik des Vinzentius-Krankenhauses Landau, bekannt.

Seit Juli 2025 besteht der Vertrag zwischen der World Childhood Foundation Deutschland und dem Kinderschutzbund Landau-SÜW. Im September 2025 ist das Projektmanagement gestartet.

Dieter-Kissel-Stiftung stellt Gebäude bereit und fördert die Einrichtung

Das zukünftige Childhood-Haus Landau entsteht seit dem Frühjahr 2025 in einer Immobilie der Dieter-Kissel-Stiftung am Nordring in Landau. Der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V. mietet die Fläche als Träger des Projekts. Die Stiftung unterstützt darüber hinaus die Einrichtung des Childhood-Hauses mit einer Spende.

„Uns bewegt, dass hier ein Haus entsteht, das Kinder und Jugendliche in einer sehr verletzlichen Situation auffängt. Das Gebäude ist eng mit der Familie Kissel und den Kissel Unternehmen verbunden – es war über viele Jahre Wohnhaus, Büro und auch Lager. Umso schöner ist es, dass es jetzt weiterhin sinnstiftend genutzt wird: als Ort, der schützt, stärkt und jungen Menschen Perspektiven gibt“, sagt Helmut Braun, Vorstand der Dieter-Kissel-Stiftung.

Baulich befindet sich das Projekt derzeit in der Umbauplanung und wird durch Budzinski + Ritzer Architekten betreut. Ein zentrales Element ist die aktive Beteiligung von Betroffenen bei der Gestaltung der Räume und des Konzepts: Kinder und Jugendliche sollen mitentscheiden können, wie der Wartebereich aussehen soll, welche Atmosphäre geschaffen wird und wie Rückzugsorte gestaltet sind – damit das Childhood-Haus Landau nicht nur funktional, sondern auch emotional ein sicherer Ort für Heranwachsende wird.

Dank des Engagements der World Childhood Foundation sowie der Dieter-Kissel-Stiftung und der Buchmann-Stiftung kann das Projekt realisiert werden. Die World Childhood Foundation fördert die Personal-, Einrichtungs- und Technikausstattung, während die beiden regionalen Stiftungen das Vorhaben mit umfassenden Spenden maßgeblich mittragen.

Die Eröffnung des Childhood-Hauses Landau ist für September 2026 geplant.

Erstes Childhood-Haus in Rheinland-Pfalz – abgestimmt mit dem Land

Das Childhood-Haus Landau weiß sich in seiner Zuständigkeit für Landau und die Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim jedoch nicht nur regional getragen. Ein Childhood-Haus wird auch zum ersten Mal in Rheinland-

Pfalz implementiert, sprich landespolitisch als neuer Baustein der Kinderschutzarbeit eingebettet. Zur Umsetzung wurden mehrere Gespräche mit Vertreter:innen der Landesregierung geführt.

Ich gratuliere allen Beteiligten herzlich zur Gründung des landesweit ersten Childhood-Hauses in Landau. Mit diesem wichtigen Schritt wird ein Ort geschaffen, an dem umfassender Kinderschutz erstmals unter einem Dach gebündelt wird. Das ist eine bedeutende Entwicklung für Rheinland-Pfalz und ein starkes Signal dafür, wie ernst die Verantwortung für unsere Kinder genommen wird. Das Childhood-Haus verbindet medizinische, psychologische, pädagogische und rechtliche Expertise in einem geschützten Umfeld und setzt damit auf einen Ansatz, der sich konsequent an den Bedürfnissen der betroffenen Kinder orientiert. Als einer von mehreren fachlichen Ansätzen zur Verbesserung des Kinderschutzes stärkt es die interdisziplinäre Zusammenarbeit und ermöglicht, dass Hilfen schneller, sensibler und wirksamer ankommen. Ich danke allen Partnerinnen und Partnern, die dieses wegweisende Projekt möglich machen, und wünsche dem Childhood-Haus in Landau viel Kraft und Erfolg für seine wichtige Arbeit„, so Familienministerin Katharina Binz.

Eine besondere Rolle spielt dabei der Kinderschutzdienst Rheinland-Pfalz, der als landesweite Institution eine Säule interdisziplinärer Zusammenarbeit bildet. Der Fachdienst für von Gewalt betroffene Kinder ist als einer von insgesamt sechzehn auch Teil des Kinderschutzbundes Landau-SÜW. Fachkräfte des Kinderschutzdienstes beraten Heranwachsende, die Gewalt erlebt haben. Sie arbeiten eng mit anderen Disziplinen zusammen, begleiten die Betroffenen aktiv bei der Verarbeitung ihrer Erfahrungen, stärken ihre Stabilität und sorgen mit weiterführenden Hilfen für den Schutz des Kindes.

Unterstützung des Kinderschutzbundes und des Childhood-Hauses Landau

Um das Childhood-Haus-Projekt sowie die bestehenden Projekte des Kinderschutzbundes langfristig zu erhalten, ist der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V. als gemeinnütziger Verein auf Unterstützung angewiesen. Da mehr als ein Drittel der Kosten spendenfinanziert sind, freut sich der Kinderschutzbund über jede Geldspende, um diese wichtige Arbeit zum Wohl der Kinder nachhaltig zu sichern.

(Spendenkonto: Sparkasse Südpfalz, IBAN DE78 5485 0010 0000 0412 44 oder VR Bank Südpfalz DE93 5486 2500 0000 7917 17, Empfänger: Der Kinderschutzbund Landau-SÜW e.V.)

https://www.kinderschutzbund-landau.de/spenden/

Stadt Landau

Datum: 3. Dezember 2025|Thema: Facebook, Landau, Linkedin, Top Aktuell|

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