Kaiserslautern – Städte zukunftsfähig und resilient gestalten

Im Pfaff-Areal verbinden sich Geschichte und Zukunft. Auf dem ehemaligen Betriebsgelände der traditionsreichen Nähmaschinen-Fabrik entsteht ein klimaneutrales Stadtviertel mit urbaner Lebensqualität. Das Pfaff-Areal dient als Leuchtturmprojekt und Reallabor für nachhaltige Stadtentwicklung.
Konversionsflächen als Chance für klimagerechte Stadtentwicklung – Das Pfaff-Gelände in Kaiserslautern
In Zeiten von Klimawandel, Flächenknappheit und steigendem Wohnraumbedarf kommt der Umnutzung sogenannter Konversionsflächen eine besondere Bedeutung zu. Hierzu zählen unter anderem ehemalige Militär-, Industrie- oder Gewerbeflächen. Rheinland-Pfalz verfügt über zahlreiche solcher Areale, deren Entwicklung große Potenziale, aber auch planerische Herausforderungen bergen. Wenn diese, meist brachliegenden, Flächen eine neue Zukunft erhalten, geht es um mehr als die Umnutzung: Es geht um Stadtentwicklung im besten Sinne – und um die Frage, wie wir Städte in Zeiten des Klimawandels zukunftsfähig und resilient gestalten können. Rheinland-Pfalz, das durch die lange Militär- und Industriegeschichte ehemals eine der größten Truppenkonzentration in Deutschland aufwies, bietet mit seinen zahlreichen Konversionsflächen ein großes Potenzial für nachhaltige und ressourcenschonende Stadtentwicklung. Im Bereich der militärischen Konversionsflächen wurden seit 1990 durch die Bundeswehr und die alliierten Streitkräfte rund 630 militärische Liegenschaften mit insgesamt rund 13.000 Hektar freigegeben.
Anspruchsvolle Umplanung von Konversionsflächen
Diese Flächen bieten enorme Potenziale für die Innenentwicklung, die Schaffung von verkehrsberuhigten und gemischten Quartieren sowie die Etablierung von erneuerbaren Energien für die Quartiersversorgung. Hierdurch wird dem Klimaschutz Rechnung getragen und zudem können Themen wie Grünflächen und Frischluftschneisen, aber auch energieeffizientes Bauen in den Fokus gestellt werden.
Doch die Konversion dieser Flächen ist planerisch anspruchsvoll und sehr komplex. Sie erfordert Expertise in Stadtplanung, Altlastensanierung, Denkmalschutz und Eigentumsfragen. Und auch Verzahnung verschiedenster Themen wie Energie, Mobilität, Umwelt und soziale Infrastruktur sind relevante Aspekte. Die größte Herausforderung stellen für die Kommunen allerdings die hohen Investitionskosten dar.
Insbesondere bei der klimagerechten Entwicklung solcher Flächen kommt es darauf an, frühzeitig Klimaziele, Energieversorgung, Mobilitätskonzepte und grüne Infrastruktur mitzudenken. Die klassische Bauleitplanung reicht hier allein nicht mehr aus – gefragt sind integrierte, sektorenübergreifende Konzepte, die auch gemeinsam mit der Energieagentur Rheinland-Pfalz geplant werden können.
Ein ambitioniertes Projekt im Land ist die Umgestaltung des ehemaligen Pfaff-Geländes in Kaiserslautern. Es zeigt exemplarisch, wie Konversion und klimagerechte Stadtentwicklung zusammengedacht werden können.
Pfaff: Ein Ort mit Geschichte und Zukunft
Das Pfaff-Quartier in Kaiserslautern steht exemplarisch für den Strukturwandel und die Konversion ehemaliger Industriestandorte hin zu modernen, gemischt genutzten Stadtquartieren. Wo früher die traditionsreiche Pfaff-Nähmaschinenfabrik das industrielle Herzstück der Stadt war, entsteht heute ein klimaneutrales Stadtviertel mit vielfältigen Funktionen und urbaner Lebensqualität. Nach Produktionsverlagerungen ins Ausland und dem endgültigen Produktionsende 2009 eröffnete sich 2014 mit dem Kauf durch die Stadt für Kaiserslautern die Chance, das über 17 Hektar große Gelände im Herzen der Stadt neu zu planen. Das Ziel der Stadtentwicklung war dabei nicht nur die Nachnutzung einer Brachfläche, sondern die nachhaltige Transformation zu einem lebendigen, durchmischten und resilienten Stadtquartier. Im Zentrum der Planungen steht eine durchdachte Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Gewerbe in Kombination mit einer innovativen Wärmeversorgung. Ein bedeutender Meilenstein ist der Erhalt und die behutsame Umnutzung ausgewählter historischer Gebäude, wie beispielsweise das alte Verwaltungsgebäude und das Kesselhaus, die die Identität des Quartiers bewahren. Aufgrund der maroden Bausubstanz und der langen Brachlage sowie umweltgefährdender Stoffe musste allerdings ein Großteil der Gebäude abgerissen werden.
Insgesamt steht die Entwicklung des Pfaff-Quartiers für einen paradigmatischen Wandel in der Stadtplanung: Weg von monofunktionalen Industriearealen hin zu urbanen, klimagerechten Lebensräumen. Mit dem Pfaff-Quartier positioniert sich Kaiserslautern als Stadt im Wandel, mit einem klaren Fokus auf nachhaltiger und resilienter Stadtentwicklung.
Das Pfaff-Areal ist nicht nur ein Leuchtturmprojekt, sondern auch ein Reallabor für nachhaltige Stadtentwicklung. Bereits im städtebaulichen Wettbewerb wurde großer Wert auf Grünflächen, durchlässige Strukturen, energieeffiziente Neubauten und den Erhalt historischer Bausubstanz gelegt.
Die Wärmeversorgung soll über ein quartiersbezogenes System mit hohem Anteil erneuerbarer Energien erfolgen, ergänzt durch intelligente Speicher- und Steuerungstechnologien. Auch eine klimafreundliche Mobilität – etwa durch Car-Sharing, gute Rad- und Fußwegeinfrastruktur sowie ÖPNV-Anbindung – ist fester Bestandteil der Planung.
Herausforderungen der klimagerechten Entwicklung
Trotz des ambitionierten Anspruchs stellen sich zahlreiche Hürden, die viele Kommunen kennen und mitunter auch davor zurückschrecken. So sind die Themen Altlastensanierung und Bausubstanz relevante Aspekte. Über Jahrzehnte industriell genutzte Böden sind häufig kontaminiert. Auf dem Pfaff-Gelände mussten großflächig Altlasten wie Öl, Schwermetalle und Reinigungsrückstände fachgerecht entsorgt werden. Allein die Bodensanierung schlägt mit einem zweistelligen Millionenbetrag zu Buche.
Nachhaltige Infrastruktur
Das Gelände soll nicht einfach ans bestehende Fernwärmenetz angeschlossen werden. Vielmehr wird ein quartiersbezogenes Versorgungssystem mit Wärmepumpen, Solarthermie und saisonalen Speichern entwickelt – in Kombination mit einem intelligenten Lastmanagement. Die Planungen orientieren sich dabei an den Anforderungen der kommunalen Wärmeplanung, die im Jahr 2024 bundesweit verpflichtend eingeführt wurde.
Statt Tiefgaragen und Pkw-Dominanz setzt das Konzept auf Carsharing-Modelle, Fahrradstraßen und kurze Wege durch Mischnutzung. Ziel ist eine Reduzierung des MIV-Anteils (motorisierter Individualverkehr) im Quartier auf unter 30 Prozent.
Fazit
Die Integration von Wärme-, Mobilitäts-, Regenwasser-, Biodiversitäts- und Bauleitplanung ist komplex. Kaiserslautern hat dafür ein interdisziplinäres Projektteam eingerichtet.
Das Pfaff-Gelände zeigt exemplarisch, was möglich ist – aber auch, wie aufwendig und langwierig Konversionsprozesse sein können. Diese Flächen erlauben es Kommunen, zu verdichten, ohne neue Flächen zu versiegeln, und dabei Klimaschutz und Lebensqualität zu verbinden.
In Rheinland-Pfalz existieren zahlreiche ähnliche Flächen, seien es ehemalige US-Kasernen, Industrieareale oder Bahnflächen. Um diese als Bausteine der klimagerechten Stadtentwicklung zu nutzen, brauchen Kommunen unter anderem mehr Planungssicherheit und breitere Förderstrukturen, interdisziplinäre Kompetenzen in den Verwaltungen, frühzeitige Beteiligung von Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft sowie einen langen Atem. Hilfreich sind auch Beratungsangebote, wie sie die Energieagentur Rheinland-Pfalz anbietet. Nur so kann eine qualitativ hochwertige und klimaresiliente Transformation erfolgreich umgesetzt werden.
Für Rheinland-Pfalz ergibt sich daraus eine doppelte Chance: Einerseits können dringend benötigte Flächen für Wohnen und Arbeiten geschaffen werden. Andererseits kann das Land mit solchen Vorzeigeprojekten eine Vorreiterrolle in der klimagerechten Stadtentwicklung einnehmen – wenn die richtigen politischen, finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Die Energieagentur Rheinland-Pfalz unterstützt als kompetenter Dienstleister Kommunen und ihre Bürger in Rheinland-Pfalz bei der Umsetzung von Aktivitäten zur Energiewende und zum Klimaschutz. Sie wurde 2012 als Einrichtung des Landes gegründet und informiert unabhängig, produkt- sowie anbieterneutral.
Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
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